Wohnen in Luzern der Zukunft

Begleittext zum Interview

Text: Radio 3Fach

 

Einfamilienhaus. Rasen. Panoramafenster. Grosses Wohnzimmer. Zwei Parkplätze. Und geile Knöpfe um dies und jenes im Haus einzustellen.
Mit dieser Idealvorstellung wurden viele von uns grossgezogen und sie ist auch in den sozialen «lifstyle» Medien bis heute sehr häufig anzutreffen. Das Wohnwerk Luzern will die «Zukunft gestalten» und sieht sich auch als Pionier für die Art und Weise wie Menschen in Luzern eines Tages zusammenleben können. Doch die Vision des Wohnwerks unterscheidet sich fundamental von all den oben aufgezählten Wohnfantasien…

An der Industriestrasse soll gebaut werden, die Planung ist im vollen Gange. Mehrere Organisationen und Unternehmen sind in diesem Areal an Bauten beteiligt,  darunter auch das Wohnwerk. Wir haben mit Martin Wyss gesprochen, er ist Geschäftsleiter des Wohnwerks und erzählt uns über die in der Gegenwart aussergewöhnlich scheinenden Ansätze seiner Genossenschaft.

Das Gespräch

Nach wenigen Minuten mit Martin quatschen wird sofort klar, dass er gar kein Fan von  einfach abreissen und neu bauen ist. Ungefähr 40% unserer CO2-Emissionen stammen vom Bauwesen. Ein Teil davon ist dem Heizen, Unterhalt etc. zuzuschreiben – was jedoch vergessen wird, ist der unglaublich grosse Anteil der grauen Energie, welche in den Baumaterialien selbst steckt (1). Beton hat in der Bauindustrie klimatechnisch schon lange einen schlechten Ruf. Deshalb ist Martin auch der Auffassung, dass alte Gebäude nicht einfach eingestampft und mit grossen Neubauten, welche vor Glasfenster und Beton strotzen, ersetzt werden sollten, sondern diese alten Gebäude so gut wie möglich umfunktioniert, renoviert oder erweitert werden müssen.

Was die Tech-Nerds unter uns vielleicht ins stutzen bring, ist, dass das Wohnwerk auch auf Lowtech statt Hightech setzt. Wieso Smarthomes mit tausend Mikrochips bauen, welche dann wieder ersetzt werden müssen? Wieso Computern Aufgaben überlassen, welche die Menschen auch könnten, sofern sie sich von der Couch rappel können? Und wieso so ultrakomplizierte Wohnungen bauen, welche in hundert Jahren sowieso nicht mehr zeitgemäss sind?

Nun liegt die Vermutung nahe, dass all diese Ideen dem Verstand eines wilden Hippie-Architekten entsprungen sind. Doch umso tiefer wir im Gespräch mit Martin graben, desto mehr entdecken wir die Quelle all dieser Überlegungen und Visionen: Es ist eine Form der wirtschaftlichen Organisation.
Das Wohnwerk ist eine Genossenschaft. Entschieden wird zusammen (zumindest das Meiste). Alle Beteiligten haben eine Stimme. Und die Idee ihres wirtschaftlichen Zusammenschlusses ist das Gemeinsame und das Solidarische. Nicht das Gewinnsteigern. Dieses Mindset breitet sich in Martins Augen auf viele andere Bereiche aus. Denn die Wohnungen sollen nicht einfach nachhaltig und umweltfreundlich gebaut werden, sondern was entstehen soll, ist eine Nachbarschaft, welche auch in ganz anderen Bereichen die Konventionen der heutigen Neubauten sprengt.

Wie das Wohnwerk eine solidarische Nachbarschaft zum Ziel hat, ohne Menschen zur Solidarität zu zwingen, welche Dinge wir eigentlich beim Wohnen teilen können und ob die Stadt Luzern eine komplett andere Wohnpolitik verfolgt als das Wohnwerk, erfährst du im Podcast unten. 

zum Nachhören